Der Anfang
Die Volkstanzbewegung, durch aktive Arbeit von Lehrern und Interessierten vorwärtsgetrieben, nahm in den 20er Jahren einen gewaltigen Aufschwung. Neben dem Geestländer Tanzkreis - Anna Helms- , dem Neustädter Tanzkreis - Franz Pulmer - und dem Niederdeutschen Tanzkreis - Heinrich Dieckelmann- waren es vor allem die Tanzkreise der Arbeiterjugend, der Naturfreunde, der l.O.C.T. usw., die diesen Aufschwung bewirkten. Große Volkstanzfeste wurden gefeiert - Sagebiel - zumal sich 1927 mit den Hamburger Volkstanzmusikanten eine hervorragende Volkstanzmusik in Hamburg zusammengefunden hatte.
Dieses hat nach der Machtübernahme 1933 alles ein vorläufiges Ende gefunden. Trägerorganisationen wurden verboten oder gleichgeschaltet. Aber die Tanzkreise machten zum Teil weiter, schlossen sich auf Anordnung des Kampfbundes für deutsche Kultur (einer Unterorganisation von KDF) in Hamburg zum Ring für Heimattanz, einer losen Vereinigung ohne Satzung, zusammen.
Wenn auch führende Persönlichkeiten wie Anna Helms, Geestländer Tanzkreis, und Max Laudan, Niederdeutsche Singschar, die sehr eng mit den Volkstänzern zusammenarbeiteten, sich sehr schnell zurückziehen mussten, blieben genügend aktive Tanzkreisleiter, z. B. Franz Pulmer, die Führungsaufgaben übernahmen, wenn es auch nicht immer leicht war. Die Tanzkreise wurden von der Hitlerjugend und anderen NS-Organisationen sehr stark beargwöhnt. Jedoch die NS-Kulturgemeinde (vorher Kampfbund) setzte die Tanzkreise, die Volkstanzmusikanten und auch die Nisi bei allen möglichen Veranstaltungen ein. Planten un Blomen-Einweihung, Erntedankfeste, Hofabende seien nur als Beispiele genannt. Unser Ehrenmitglied Heini Elster war damals sehr aktiv als Tanzleiter und Musiker.
Befragt, weshalb er als altes Mitglied der Arbeiterjugend das alles mitgemacht habe, antwortete er: "Wir alle, Franz Pulmer, Heini Kofeldt, auch ich und viele Ungenannte haben nur weitergemacht, weil wir den Volkstanz erhalten wollten, der im Grunde genommen gar nicht ins NS-Programm paßte. Aber Schwierigkeiten gab es immer wieder, als z. B. ein junger Spieler der Volkstanzmusikanten von einem Hitler-Jugend-Führer als Sohn eines bekannten Hamburger Kommunisten erkannt wurde oder zwei junge Tänzer als Söhne eines Wirtes, dessen Lokal vor 1933 Parteilokal einer Arbeiterpartei war. Aber wir konnten weitertanzen und dabei auch noch ohne groß aufzufallen - viele alte gleichgesinnte Freunde treffen." Der Nachwuchs fehlte aber, und die Tanzkreise wurden immer kleiner. So wurde dann 1937 die kleine Schar der aktiven Tänzer im "Ring für Heimattanz e.V. zusammengefasst. Der jetzt eingetragene Verein wurde der Aufsicht der NS-Kulturgemeinde, Ortsgruppe Hamburg unterstellt. Mit Genehmigung der NS-Kulturgemeinde wurde Werner Pohl zum Ringorganisationsleiter gewählt, der sich seinerseits sofort Franz Pulmer als Ringtanzleiter holte.
Man konnte weitertanzen und führte diese Arbeit in nunmehr drei Tanzkreisen kontinuierlich bis zum Kriegsbeginn 1939 fort (vor allem die Hofabende), dann allerdings durch die Einberufung vieler Tänzer stark beeinträchtigt. Das vorläufige Ende brachte dann die Katastrophe Juli 1943. Die Volkstänzer waren in alle Winde zerstreut, Räume zum Tanzen gab es nicht mehr. Erst nach Kriegsende 1945 begann unser Ehrenmitglied Hugo Hoffmann als Geschäftsführer die Adressen alter Freunde zu ermitteln und auch nach einem Raum zum Tanzen zu suchen. Im Februar 1946 war ein Raum, wenn auch viel zu klein, gefunden. Volkstanz war wieder möglich. Der neue Anfang war gemacht. Aus sehr wenigen alten Unterlagen, die zur Verfügung standen, Gesprächen, vor allem mit Heini Elster, Erinnerungen Emil Tippmanns und an Erzählungen meiner Eltern haben Emil und ich versucht diesen kurzen Abriss des ersten Jahrzehnts Ring-Geschichte zusammenzufassen.
Harald Gaedcke